Im Max Delbrück Center blicken die Wissenschaftler*innen ins Kleine – ohne das große Ganze zu vernachlässigen und betreiben Grundlagenforschung auf molekularer Ebene. In diesem Jahr feiert die renommierte Einrichtung ihr 30-jähriges Bestehen.
Als kurz nach der Wiedervereinigung viele Wissenschaftsinstitutionen in der DDR aufgelöst wurden, bekam der Heidelberger Mediziner Detlev Ganten einen Auftrag: Er sollte am nordöstlichen Stadtrand der Bundeshauptstadt, wo mehrere Akademie-Institute angesiedelt waren, ein neues Forschungszentrum etablieren, das auf bestehende Forschungseinrichtungen zurückgreift, Synergieeffekte schafft sowie Wissen und Forschung bündelt. Die Aufgabe ist geglückt: 30 Jahre später ist das damals gegründete Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (Max Delbrück Center) ein international renommiertes biomedizinisches Forschungszentrum mit rund 1.800 Mitarbeitenden.
Das Forschungsgebiet des Namensgebers Max Delbrück ist bis heute Programm des Zentrums: Der Nobelpreisträger ist einer der Begründer der modernen interdisziplinären Genetik und Molekularbiologie. Seit 2019 hat das Max Delbrück Center, das eine von 18 Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren ist, neben dem Standort in Berlin-Buch einen zweiten Standort in Berlin-Mitte. In 88 Forschungsgruppen und 19 Technologieplattformen forschen die Mitarbeiter*innen im Programm „Systemmedizin und Herz-Kreislauf-Erkrankungen“.
Wo liegen die systemischen Ursachen für Krankheitsprozesse und Fehlentwicklungen?
In ihrer Arbeit blicken die Wissenschaftler*innen ins Kleine – ohne das große Ganze zu vernachlässigen: „Wir werfen einen detaillierten Blick auf die Ursachen von ganz unterschiedlichen Erkrankungen – Krebs oder Herzkreislauferkrankungen sind da nur Beispiele“, erklärt Professorin Maike Sander, die seit dem 1. November 2022 als Wissenschaftliche Vorständin und Vorstandsvorsitzende das Max Delbrück Center führt. „Unsere Teams betreiben Grundlagenforschung und detektieren mithilfe modernster Technologien in Genen und Proteinen, in Zellen, Geweben, Organen oder ganzen Organismen, wo die systemischen Ursachen für Krankheitsprozesse und Fehlentwicklungen liegen könnten. Dabei kann es um Entzündungsprozesse gehen, um Veränderungen im Mikrobiom, um geschädigte Blutgefäße oder auch um einen ganz bestimmten Signalweg, der gestört ist.“
Beispielsweise untersuchen die Forscher*innen mithilfe der Einzelzellsequenzierung und Künstlicher Intelligenz hunderttausende von menschlichen Herzzellen. Die Teams kartieren die Zellen und analysieren, wie es die Zellen des Herzens im Zusammenspiel schaffen, zuverlässig ihre Aufgaben zu erfüllen. Erste Vergleiche der Daten von gesunden und kranken Herzen zeigen dabei, dass auch in der Kardiologie personalisierte Therapien nötig sind. Herzversagen ist nicht gleich Herzversagen.
Solche Erkenntnisse werden durch moderne Technik möglich. „Heute arbeiten wir computergestützt mit Big Data und Künstlicher Intelligenz, und das interdisziplinär“, sagt Maike Sander. Die Wissenschaftler*innen nutzen und entwickeln hochmoderne Infrastruktur: Organoid- und Stammzell-Plattformen, Kryo-Elektronenmikroskopie, das Präklinische Forschungszentrum oder Proteomik- und Omics-Ansätze.
Enge Zusammenarbeit mit Akteuren aus Berlin
„Wir wollen unsere Erkenntnisse möglichst schnell in die Anwendung und damit letztlich zum Krankenbett bringen. Uns geht es um Innovationen für die Medizin von morgen“, sagt Sander. Doch bis aus Grundlagenforschung ein Medikament oder eine nutzbare Technologie entwickelt wird, könne es oft lange dauern. Erfolge gelingen heutzutage nur in Kooperation. „Wir arbeiten in Berlin eng und erfolgreich mit vielen anderen zusammen – allen voran dem Berlin Institute of Health (BIH), unserem starken klinischen Partner, der Charité, dem DZHK und den Universitäten“, sagt Sander. „International sind wir ebenfalls bestens vernetzt.“
In Berlin arbeitet ein Großteil der Beschäftigten auf dem Campus Buch – auch „der Gesundheitsstandort“ genannt. Das 32 Hektar große Gelände hat eine über 100-jährige Tradition. „Der Biotechpark bietet optimale Bedingungen für unsere Teams. Hier wird im nächsten Jahr mit dem BerlinBioCube ein Gründerzentrum eröffnet, und unsere Partner vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie sitzen direkt nebenan“, sagt Sander.
Ähnlich wie auf dem Campus Buch schätzt Maike Sander auch das gesamte Ökosystem in der Metropolregion Berlin, in dem ihrer Meinung nach vieles gut ineinandergreift: „Dutzende Institutionen mit lebenswissenschaftlicher Orientierung sind hier angesiedelt, wir haben exzellente Universitäten, es gibt KI-Know-how, die Charité und dazu kommen die vielen außeruniversitären Forschungseinrichtungen. All das ist auf engem Raum versammelt – beste Voraussetzungen für Spitzenforschung und Innovation.“
Das 30-jährige Jubiläum wird am Max Delbrück Center mit einer großen Geburtstagsfeier für interne und externe Wegbegleiter am 7. Dezember begangen. Für die nächsten Jahre gibt es bereits einige Pläne: So soll in Buch ein Optical-Imaging-Center entstehen. „Wissenschaft bleibt nie stehen“, sagt Sander. „Wir wollen uns immer weiterentwickeln.“
Quelle:
HealthCapital Newsletter Dezember 2022
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin
Max Delbrück Center feiert 30-jähriges Bestehen
Mit der Amtseinführung von Maike Sander als neue Wissenschaftliche Vorständin hat das Max Delbrück Center in Berlin am 7. Dezember seinen 30. Geburtstag gefeiert. Die Diabetesforscherin wirbt dafür, wissenschaftliche Spitzenleistung und Innovationen besser mit medizinischer Anwendung zu verzahnen.
Zum Fest kamen rund 300 Gäste aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft: Am Mittwoch, dem 7. Dezember 2022 hat das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft unter dem Motto „Discovery for tomorrow’s medicine“ sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. Die neue Wissenschaftliche Vorständin, Professorin Maike Sander, entfaltete zum Amtsantritt ihre Vision für das Max Delbrück Center: „Grundlagenforschung, wie wir sie hier am Max Delbrück Center vorantreiben, erschließt Neuland für die Medizin. Sie macht Therapien nicht nur passgenauer, sie ermöglicht ganz neue Perspektiven“, sagt Sander.
„Mit Publikationen in Spitzenjournalen ist es allerdings nicht getan. Innovation entfaltet erst ihre Wirkung, wenn sie ihren Weg in die Anwendung findet. Hier in der Gesundheitsstadt Berlin haben wir dafür beste Voraussetzungen: starke klinische Partner wie die Charité, das Berlin Institute of Health, eine aufstrebende Biotech-Szene, Inkubatoren für Start-ups.“ Wie wichtig ein solches Umfeld ist, betont Maike Sander mit Blick auf ihre Erfahrungen und die Biotech-Branche im Silicon Valley und in San Diego. Die Diabetesforscherin hat fast drei Jahrzehnte in den Vereinigten Staaten gearbeitet. „Kein Labor, kein Zentrum kann seine Ideen allein verwirklichen. Wir arbeiten Hand in Hand, und der Gedankenaustausch beflügelt. Meine Priorität wird sein, gemeinsam mit den Partnern Hürden für die medizinische Anwendung zu senken und die Transfer-Infrastruktur zu stärken. So legen wir den Grundstein für die Medizin von morgen.“
Lesen Sie bitte hier weiter