30 Jahre aktiv für Buch
Unbemerkt ist der Bucher Bürgerverein 30 Jahre alt geworden. Die lange geplante Feier, Konzerte und Diskussionsveranstaltungen für die Bucher Bürger und Gäste im Schlosspark sind ausgefallen. Mist Corona-Pandemie! Dann wollen wir wenigstens Bilanz ziehen, auf uns aufmerksam machen, Interesse an der Mitarbeit wecken und sehen, wie es weitergeht.
Das Anliegen der Mitglieder des Bucher Bürgervereins war und ist es, Bürger zusammenzuführen, um Berlin-Buch als intakten Wohnort mit hoher Lebensqualität zu erhalten und weiter zu gestalten. Ebenso wichtig war und ist es für den Bürgerverein, Berlin-Buch, den Wissenschafts- und Gesundheitsstandort, einen der Zukunftsorte Berlins, als attraktiven Arbeitsort zu stärken.
Vor 30 Jahren, im November 1990, haben 15 Bucher Bürger und Bürgerinnen den Verein in Alt Buch gegründet. Von Beruf waren sie, ebenso wie die kurz darauf in den Verein eingetretenen weiteren Mitglieder, Wissenschaftler, Mediziner, Lehrer, Ingenieure, Diplomaten, Außenhändler, Künstler. Mit wenigen Ausnahmen sind sie 1990/91 in die Arbeitslosigkeit entlassen worden und danach entweder beruflich neu gestartet, vorwiegend in die Selbständigkeit, oder sie gingen in Frührente. Viele Mitglieder haben im Laufe der Zeit aus beruflichen oder Altersgründen den Verein verlassen. Doch der Verein hat immer wieder neue Mitstreiter angezogen und sich auch immer wieder verjüngt. Von den Gründungsmitgliedern sind Karl Besch, Elvira und Volker Wenda noch heute im Verein aktiv.
Vieles ist den Mitgliedern des Vereins gelungen. Entscheidend waren und sind dabei Eigeninitiative und verlässliche Partner. Die erste Aktion war die Beantragung und Durchsetzung des Baus einer Fußgängerampel in der Straße Alt Buch am Eingang des Schlossparks für die sichere Straßenquerung angesichts des zunehmenden Autoverkehrs, insbesondere für Kinder und für die Bewohner des benachbarten Seniorenheims.
Der Verein suchte den Kontakt zu den neuen Verantwortlichen der Bucher Einrichtungen, gab und übernahm Impulse für die Zusammenarbeit. Mit der Akademie der Künste, dem neuen Träger des Künstlerhofs, insbesondere mit Unterstützung durch Dieter Ruckhaberle und Peter Schaul konnte der Verein in den 90er Jahren Ausstellungen zur Kunst und zu Künstlern in Buch und zu Künstlern aus Reinickendorf durchführen. Ebenso unterstützt wurden die vom Verein organisierten Kunst- und Handwerkermärkte zu Weihnachten. Mit Jörg Schulz, dem neuen Chef des Klinikums und mit Detlef Ganten, dem Gründungsdirektor des MDC, wurde das gemeinsame Auftreten mit den Bucher Bürgern zur Sicherung des Wissenschafts- und Gesundheitsstandorts Berlin-Buch abgestimmt. Damals wollte die Berliner Politik den Standort Berlin-Buch zu Gunsten Westberliner Einrichtungen aufgeben. Mit der 1998 gemeinsam organisierten Veranstaltungsreihe „100 Jahre Gesundheitsstandort Berlin-Buch“ mit prominenten Gästen haben wir, wie es der Präsident der Bundesärztekammer in Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen formulierte, „den unzerstörbaren Lebenswillen von Berlin-Buch“ dokumentiert. Auch der Erhalt der Bucher Poliklinik wurde gemeinsam erstritten.
Der neu nach Berlin-Buch gekommene Träger sozialer Projekte „Albatros“ war anfänglich wenig an der Zusammenarbeit mit dem Bürgerverein interessiert. Das änderte sich aber bald und Albatros ist verlässlicher Partner geworden, insbesondere der Bucher Bote und der Ökohof Buch.
Die Interessengemeinschaft Bucher Chronik mit Horst Prochnow, Heinz Bielka, Arwed Steinhausen, Walter Ziemer, Arno Kalinich, Dieter Koschmann und Ekkehard Schröder arbeitete eng mit dem Verein zusammen. Das Buch „Aus hundert Jahren Bucher Geschichte 1889-1989“ wurde mit Hilfe des Vereins technisch fertiggestellt, gedruckt, finanziert und verkauft. An der Geschichte von Berlin-Buch waren und sind die Vereinsmitglieder schon immer interessiert. Die archäologischen Ausgrabungen in der Panke- und Lietzengabenniederung mit Funden aus der Bronze- und Eisenzeit, die Geschichte der feudalen Gutsbesitzer, der Besuch Theodor Fontanes in Buch, das Leben und Wirken des im Bucher Schloss wohnenden ehemaligen Berliner Oberbürgermeisters Adolf Wermuth waren Gegenstand von Vereinsversammlungen und gemeinsamen Veranstaltungen mit der evangelischen Kirchengemeinde sowie den Theodor Fontane-Freunden aus Berlin-Buch. Auch mit den schwärzesten Seiten der deutschen Medizingeschichte haben sich die Vereinsmitglieder beschäftigt. Gemeinsam mit Volker Pürschel vom MDC organisierte der Verein die Spendensammlung für das an die Opfer der Bucher Hirnforschung erinnernde Mahnmal auf dem Gelände des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts für Hirnforschung. Der Verein organisierte einen Besuch in der Gedenkstätte Bernburg. In der dort erhaltenen ehemaligen Vernichtungsstätte wurden auch frühere Patienten der Bucher Krankenanstalten getötet. Der Verein war in der Wettbewerbskommission vertreten für das in Berlin-Buch errichtete Denkzeichen für die Opfer von Euthanasie und Zwangssterilisierung. Die Mitglieder des Vereins sind auch heute wachsam, rechtes Gedankengut bei Bucher Bürgern zurückzuweisen. Der Verein engagiert sich im Bucher Netzwerk für Demokratie und Respekt und er unterstützte die Integration der in Berlin-Buch untergebrachten Flüchtlinge.
Zum 10. Geburtstag veranstaltete der Verein auf dem Künstlerhof ein kleines Bürgerfest, bei dem auch der damalige Präsident des Bundestags, Wolfgang Thierse, zu Gast war. Zehn Jahre später organisierte der Verein mit Unterstützung der HOWOGE für die Bucher Bürger und für die Politik eine Ausstellung „Zukunft Berlin-Buch“, die sowohl in Buch, im Rathaus Pankow und in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gezeigt wurde. Die geplanten Veranstaltungen zum 30. Geburtstag fielen leider wegen Corona aus.
2004 begann der Verein in Zusammenarbeit mit dem Bucher Boten und dem damaligen Regionalmanagement mit Informations- und Diskussionsveranstaltungen unter dem Namen Bucher Bürgerforum. Zu jeweils aktuellen Themen für die Entwicklung von Buch wurden Politiker, Investoren, Geschäftsführer von in Buch tätigen Unternehmen, Leiter von Bucher Einrichtungen eingeladen. Mit fünf bis sieben Veranstaltungen pro Jahr werden diese Bürgerforen bis heute fortgesetzt, zur Zeit jedoch ausgebremst durch Corona. Erster Gast im Jahr 2004 war die Bundestagsabgeordnete Dr. Gesine Lötzsch zum Thema Chancen und Risiken der Gesundheitsreform der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt für den Gesundheitsstandort Berlin-Buch. Heute sind die Themen vor allem das Verkehrschaos im Zusammenhang mit den geplanten Bauvorhaben im Berliner Norden, die Schulsituation, die Entstehung und Ausgestaltung eines Bildungszentrums, die Entwicklung im Berlin-Buch umgebenden Naturpark Barnim.
Der Verein hat sich mit einer Unzahl von Masterplänen, Rahmenplänen Konzepten des Senats und des Bezirksamts beschäftigt, in Bürgerforen vorgestellt und eigene Vorschläge eingebracht. Gefühlt 95 % davon wurden nicht realisiert und verstauben gut verwahrt in irgendwelchen Aktenschränken.
Um zu sehen, wie andere Städte der Republik mit hochkarätigen Forschungsstandorten umgehen, hat der Verein eine Exkursion nach München organisiert. Das am Münchner Stadtrand gelegene Biotechnologiezentrum Martinsried ist mit dem Campus Buch vergleichbar. Die mitgereisten Vertreter des Abgeordnetenhauses und des Bezirksamts staunten über die dortige Wertschätzung dieser Wissenschaftseinrichtung, über den Umzug von lebenswissenschaftlichen Fakultäten der Münchner Universität aus der Innenstadt zum Forschungscampus, über die Verlängerung der Münchner U-Bahn bis über die Stadtgrenze hinaus zu diesem Campus. Mehr als Staunen ist aber nicht geworden. Für den Bürgerverein bleibt das Münchner Beispiel jedoch eine Vision für Berlin-Buch, für die es sich eizusetzen lohnt.
Ähnlich hat sich der Verein für das vom Forschungscampus angestrebte Life Science Center eingesetzt. Um zu erfahren, wie ein solches interaktives Bildungszentrum für Familien, Studenten und Kinder funktioniert, führte der Verein eine Exkursion zum Universum Science Center durch, das an der Universität in Bremen angesiedelt ist. Alle Beteiligten waren überzeugt, dass ein ähnliches, auf Medizin und Biowissenschaften ausgerichtetes Bildungszentrum in Berlin-Buch funktionieren würde. Der damalige Bezirksbürgermeister Matthias Köhne und Teile des Berliner Senats brachten das detailliert ausgearbeitete Projekt jedoch zu Fall. Noch frustrierender war, dass der von der Wirtschaft und Teilen der Bürgerschaft geforderten Anschluss der Karower Chaussee an die Autobahn A 10 politisch ausgebremst wurde. Ein schwerer Rückschlag für den Wissenschaftsstandort war auch die vom Senat vorgenommene Schließung des Bucher Gauß-Gymnasiums. Die Schließung der Bucher Stadtteilbibliothek konnte durch den massiven Protest der Bucher Bürger abgewendet werden. Was bedeutet das heute? Wir bekommen in den nächsten Jahren ein Bildungszentrum. Für die angestrebte Ansiedlung von Unternehmen der Medizintechnik und Pharmaindustrie in Berlin-Buch wird es eine direkte Autobahnanbindung geben müssen, damit die dafür vorhandenen Flächen wie die Brunnengalerie auch wirklich gewerblich genutzt werden können. Tesla in Grünheide ist dafür ein Beispiel. Für ein Gymnasium in Berlin-Buch unterstützt der Verein den Antrag der Evangelische Schulstiftung, da eine staatliche Schule nicht geplant wird.
2010 platzte den Vereinsmitgliedern der Kragen. Das Bezirksamt ließ den Bucher Schlosspark wegen finanzieller und personeller Einsparungen verrotten. Seit 1990 war der Park nur noch notdürftig gepflegt worden. Das wenige Jahre zuvor ausgearbeitete Parkpflegewerk wurde zur Makulatur erklärt. Daraufhin verfasste der Verein mit Unterstützung von Vertreten des NABU und der TU Berlin einen Aktionsplan mit Sofortmaßnahmen, mittelfristigen und langfristigen Aufgaben und reichte ihn beim Bezirksamt ein. Es gab Beratungen mit dem Bürgermeister und den zuständigen Amtsleitern, aber keine Verbesserungen der Parkpflege. Deshalb entschloss sich der Verein, ab 2011 mehrmals im Jahr einen Teil des Parks ehrenamtlich zu pflegen. Daraus entwickelte sich eine fruchtbringende Zusammenarbeit mit dem Grünflächenamt, der Verein konnte Projektmittel für Gartengeräte beantragen und konnte Albatros mit seinen Mitarbeitern des Ökohofs für die Teilnahme an den Arbeitseinsätzen gewinnen. Und heute wird der Bucher Schlosspark durch das Bezirksamt abschnittsweise saniert. Das ist eine große Freude für die meisten Bucher Bürger und die nach Berlin-Buch kommenden Gäste. Der Verein will nach Corona die ehrenamtliche Arbeit fortsetzen, hofft aber, dass das Bezirksamt eine professionelle Pflege der neuen Anlagen gewährleistet. Der Verein wird auch die langjährigen guten Kontakte zu Rudolf Kaltenbach , seinem Projekt „Steine ohne Grenzen“, zum Forstamt Pankow, dem Bucher Revierförster Olaf Zeuschner, zu Peter Gärtner, dem Leiter des Naturparks Barnim fortsetzen, die eine interessante und erholsame Umgebung von Buch geschaffen haben und weiter schaffen.
Und was wird der Bucher Bürgerverein im vierten Jahrzehnt seines Bestehens tun? Entscheidend bleibt der persönliche Kontakt zu den Bucher Bürgern, das Gespräch, um Impulse für das Zusammenleben aufnehmen und geben zu können. Darüber hinaus erfordert das digitale Zeitalter die Präsenz im Internet und in den sozialen Medien. Mit www.bucher-buergerverein.de sowie über Facebook informiert der Verein über seine Aktivitäten und die seiner Partner im Ort. Mit einem Bündnis für Buch werden die Mitglieder des Vereins an der weiteren Verbesserung der Lebensqualität in Berlin-Buch arbeiten.
Volker Wenda, Steffen Lochow
Posted on 14. Dezember 2020, in aktuelles vom Verein and tagged 30 Jahre Bucher Bürgerverein. Bookmark the permalink. Kommentare deaktiviert für 30 Jahre aktiv für Buch.