Ein Leben für die Wissenschaft
Das MDC trauert um Heinz Bielka, einen Pionier der Zell- und Molekularbiologie, Wissenschaftshistoriker und engagierten Bürger von Buch. Von 1953 an bis zu seiner Emeritierung hat Bielka an bedeutenden Positionen auf dem Campus gearbeitet. Heinz Bielka wurde 91 Jahre alt. Ein Nachruf.
Professor Heinz Bielka ist am 1. Dezember 2020 in Berlin gestorben. Er gehörte zu den engagierten Förderern und Wegbegleitern des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC). „Heinz Bielka hat sich als Wissenschaftler und Wissenschaftshistoriker gleichermaßen verdient gemacht. Das MDC und der Campus Buch haben Bielka viel zu verdanken“, sagt der Wissenschaftliche Vorstand Professor Thomas Sommer (komm.).
Bielka, der kenntnisreiche Chronist, hat in zahlreichen Publikationen und Büchern die Zellbiologie und Krebsforschung geprägt und die Geschichte der medizinischen Forschung in Berlin-Buch festgehalten und so einem weiten Leserkreis zugänglich gemacht. „Das wissenschaftliche Werk und Vermächtnis von Heinz Bielka und seine Publikationen zur Geschichte von Berlin Buch sind unverzichtbar für jeden, der die Bedeutung der Wissenschaftsstadt Buch verstehen will. Das MDC und der Campus Berlin-Buch können auf dieser großen Tradition aufbauen und die Geschichte fortschreiben“, sagt Professor Detlev Ganten, der Gründungsdirektor des MDC. „Heinz Bielka war für uns am MDC und für viele auf dem Campus Buch Vorbild, Inspiration und ein guter Freund. Wir werden ihn vermissen.“
Pionier der Krebsforschung
Heinz Bielka lebte seit 1953 in Berlin. Als er sich als Student nach Berlin aufmachte, da ahnte er gewiss nicht, dass er hier in Berlin-Buch, den Platz seines Lebens finden würde: Einen Ort, an dem er wissenschaftlich glänzen und der ihn prägen sollte und den er selbst gestalten und verändern würde. Heinz Bielka, damals 24 Jahre jung, war aufgewachsen bei Görlitz. Nach dem Krieg hatte er in Dresden und Leipzig studiert. Chemie, Biologie und Biochemie waren seine Fächer, wobei ihn auch andere Disziplinen reizten. Seit dem Krebstod der geliebten Großmutter war für Heinz Bielka klar: Er würde in die Krebsmedizin gehen. Deshalb zog es Bielka von Leipzig nach Buch, zu Professor Arnold Graffi, damals schon berühmter Krebsforscher. Bei ihm wollte er sein Diplom machen.
Graffi nahm ihn gerne auf, und für Bielka war es der Beginn eines erfolgreichen wissenschaftlichen Lebens. Binnen weniger Jahre wurde er ein einflussreicher Biologe: 1954 Diplom, 1956 Promotion in experimenteller Krebsforschung, 1961 Habilitation, daneben die Ernennung zu Graffis Stellvertreter. 1959 schrieben die beiden Männer bereits gemeinsam ein Standardwerk: „Probleme der Experimentellen Krebsforschung“. 1965 schließlich wurde Heinz Bielka Direktor des Bucher Akademieinstituts für Zellphysiologie, was er bis 1981 blieb. Von 1982 bis 1991 leitete Bielka als stellvertretender Direktor das Zentralinstitut für Molekularbiologie der Akademie der Wissenschaften der DDR. 1968 ernannte ihn die Humboldt-Universität zu Berlin außerdem zum Professor für Biochemie. Nach Mauerfall und Wiedervereinigung setzte Heinz Bielka seine Arbeit am neu gegründeten Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin fort.
International erstes Lehrbuch für Molekularbiologie
In all den Jahren arbeitete Heinz Bielka an seinem Thema, dem Krebs. Er untersuchte die Entstehung von Metastasen unter dem Einfluss von Steroidhormonen, die Wechselwirkung zwischen Energiestoffwechsel und Tumorwachstum sowie die Rolle von Viren bei der Entstehung von Krebs. Bielka verfasste bis zur Emeritierung mehr als 150 wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Sein wichtigstes Werk war zweifellos das international erste Lehrbuch über die „Molekulare Biologie der Zelle“.
Heinz Bielka ist für seine Arbeiten oft geehrt worden: Rudolf-Virchow-Preis (1974), Nationalpreis der DDR (1979), Gerhard-Domagk-Preis (1993). Ab 1976 war Bielka korrespondierendes und ab 1978 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR. 1996 verlieh ihm die Humboldt-Universität die Ehrendoktorwürde. Bielka war Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Bucher Familie
Aus dem Studenten-Professoren-Verhältnis zwischen Graffi und Bielka war schnell Freundschaft geworden: Graffi und Bielka forschten, sie schrieben und sie musizierten zusammen – Graffi am Klavier, Bielka an der Geige. Buch und der Campus waren Bielkas Heimat geworden. Die Wissenschaftsgemeinschaft war „für uns eine große Familie“, erzählte Bielka einmal in einem langen Gespräch. Wie die meisten, die zu dieser Zeit auf dem Campus arbeiteten, wohnte Heinz Bielka in Buch. Abends traf man sich auf der Parkbank oder werkelte gemeinsam im Garten, man spielte Skat, feierte, tauschte sich aus, unternahm gemeinsame Ausflüge. Klinik und Forschung, die verschiedenen Disziplinen, Wohnort und Arbeitsplatz, Privates und Berufliches – all das war damals eng miteinander verwoben. Und Bielka war fester Teil des Netzes.
Eine Rolle mag gespielt haben, dass die Forscher der DDR durch den fehlenden internationalen Austausch, durch den chronischen Materialmangel und die Einschränkungen des freien wissenschaftlichen Arbeitens stärker aufeinander angewiesen waren. Bielka, Forscher mit Renommee, war zwar Reisekader, aber zur Partei gehörte er nach einer kurzen Anfangsphase und Austritt nach 1953 nicht mehr. Den großen Umbruch im Jahr 1989, die Nacht des Mauerfalls am 9. November, hat Heinz Bielka verschlafen, wie er selbst erzählt.
Bucher Geschichte und Geschichten
Am neu gegründeten MDC nahm Bielka ebenfalls Einfluss. Neben seiner Forschung ging es ihm um die Pflege der wissenschaftlichen Tradition. Er sorgte dafür, dass die Neuen auf dem Campus die Geschichte des Gesundheitsstandorts und die hier geleistete Forschung kennenlernten. Bielka war ein Chronist der Wissenschaftsgeschichte: Seine medizinhistorischen Bücher und literarischen Streifzüge („Die Medizinisch-Biologischen Institute Berlin-Buch – Beiträge zur Geschichte“, „Streifzüge durch die Orts- und Medizingeschichte von Berlin-Buch“ sowie „Siedlungs- und Kulturgeschichte von Berlin-Buch“), die er seit seiner Emeritierung im Jahr 1995 schrieb, zeugen von seiner Begeisterung für die Forschung und seiner Liebe zu Buch.
Und so überrascht es nicht, dass sich Bielka in den letzten Jahren prominent für die Sanierung der Schlosskirche in Buch eingesetzt hat. Der barocke Bau war im Krieg zerstört worden. Gemeinsam mit seiner Frau, der Pianistin und Professorin Galina Iwanzowa-Bielka und anderen engagierten Bürgerinnen und Bürgern hat er beispielsweise Benefizkonzerte im MDC-Kongresszentrum zugunsten des Turmaufbaus organisiert.
Text: Jutta Kramm
Quelle: Campus-News
Posted on 5. Dezember 2020, in Buch und Umgebung, Forschung and tagged MDC, Nachruf, Prof. Bielka. Bookmark the permalink. Kommentare deaktiviert für Ein Leben für die Wissenschaft.